Forschungsnetzwerk Industrie und Gewerbe

Im Forschungsnetzwerk Industrie und Gewerbe tauschen sich Experten rund um die Energieeffizienz in Industrie und Gewerbe aus. Sie geben dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz Impulse für künftige Förderstrategien, bündeln Schlüsselthemen und liefern mit ihrer breit gefächerten Expertise innovative Konzepte und Ideen für den Erfolg der Energiewende.
Die Mitglieder des Netzwerks erarbeiten Forschungsroadmaps, Positions- und Strategiepapiere und machen damit die Fortschritte und Innovationen im Bereich Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen (IGHD) transparent. Unter dem Dach des Forschungsnetzwerks finden die Aktivitäten der Akteure in den Forschungsfeldern Abwärme, chemische Verfahrenstechnik, Metallerzeugung und -verarbeitung, Fertigungstechnik, Hochtemperatursupraleitung und Tribologie statt. Die Struktur der Forschungsfelder erlaubt für diese ausgewählten Schlüsselthemen eine schlagkräftige Forschung. Gleichzeitig sind die Forschungsfelder flexibel, um auch innovative Einzelthemen zu berücksichtigen. Die zunehmende Bedeutung disziplinübergreifender Zusammenarbeit ist entscheidend, um exzellente und praxisnahe Forschungsergebnisse zu erzielen und Deutschlands Position im internationalen Wettbewerb zu stärken.
Forschungsförderung für Energie im Bereich Industrie und Gewerbe
Der Fokus der Forschung liegt im Bereich Industrie und Gewerbe auf innovativen, effizienten sowie flexiblen Prozessen und Technologien, die den Energieeinsatz reduzieren. An vielen Stellen sind die Entwicklungen zur energetischen Optimierung einzelner Maschinen und Prozesse mittlerweile nahezu ausgereizt. Deshalb sind gesamte Prozessketten in Herstellungsverfahren sowie das energetische Zusammenspiel vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt ein Schwerpunkt von Forschung und Entwicklung. Auch sekundäre Energieformen in Industrieprozessen energetisch effizient einzusetzen, gehört mit dazu. Zum Beispiel existieren im Bereich der industriellen Prozesswärme aufgrund der Vielzahl an Branchen und Prozessen bisher nahezu keine übergreifenden Konzepte. Forscherinnen und Forscher arbeiten zunächst an individuellen Wegen, die benötigte Wärmeenergie in einem bestimmten Prozess bei gleichbleibender Produktqualität zu senken. In einem nächsten Schritt sollen diese Ergebnisse in die Anwendungsbreite der Branchen übertragen werden.
Künstliche Intelligenz, Sensorik und CO2-Kreislaufwirtschaft
Um international weiter wettbewerbsfähig zu bleiben, muss künftig im Bereich Industrie und Gewerbe die Digitalisierung in der Produktion deutlich an Fahrt und Breite gewinnen. In den thematisch orientierten Forschungsfeldern ist deshalb auch zu den Themen Künstliche Intelligenz, Sensorik sowie CO2-Kreislaufwirtschaft eine effektive Vernetzung sichergestellt. Das ermöglicht langfristige Forschungskooperationen und schafft Synergien. Die Akteure des Forschungsnetzwerks Industrie und Gewerbe tragen mit ihrer Expertise dazu bei, die Forschungsförderung mitzugestalten und liefern einen wichtigen Baustein für die Energiewende.
Bei nahezu jedem industriellen Prozess entsteht Wärme. Das reicht von vergleichsweise niedrigen Temperaturen von rund 40 Grad Celsius, die in der Industrie bei technischen Anlagen wie etwa Kompressoren oder Pumpen entstehen, bis zu über 1.000 Grad Celsius bei Verbrennungsprozessen. Abwärme kann direkt als Wärme genutzt oder in den Prozess zurückgeführt werden. Ein großer Teil davon geht jedoch verloren. Denn das Nutzen von Abwärme ist bisher aufwendig und unwirtschaftlich: Das Temperaturniveau ist zu niedrig, die Abwärme fällt dezentral oder unregelmäßig an und ist teilweise stark verschmutzt. Ziel der Akteure im Forschungsfeld Abwärme ist, die Potenziale dieser Technologie weiterzuentwickeln und nutzbar zu machen. Thermoelektrik, Organic-Rankine-Cycle, effiziente Wärmepumpen ohne schädliche Kältemittel, Wärmenutzung, Thermische Speicher und Energiemanagement sind Beispiele für Schwerpunktthemen innerhalb des Forschungsfelds Abwärme.
Ansprechpartner
Dr. André Schlott
E-Mail: andre.schlott@ifam-dd.fraunhofer.de
Website: Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM
Steffen Linsmayer
E-Mail: s.linsmayer@fz-juelich.de
Website: Projektträger Jülich
Die chemische Verfahrenstechnik beschäftigt sich mit Prozessen, in denen Stoffe nach Art, Eigenschaft und Zusammensetzung verändert werden. Die Akteure im Forschungsfeld chemische Verfahrenstechnik tauschen sich etwa zu neuen Reaktorkonzepten aus, die eine kontinuierliche und energieeffiziente Betriebsweise der Prozesse in den Anlagen ermöglicht. In der Praxis werden unterschiedlichste Prozesse nacheinander abgearbeitet – in sogenannten Chargen. Diese Batchprozesse machen die Produktion diskontinuierlich und eine exakte Regelung der Kinetik sowie der Energierückgewinnung schwierig. Die Forscherinnen und Forscher entwickeln modulare Anlagen, die Produktionsabläufe flexibler machen und neue Prozesse schneller integrieren. Damit modulare Anlagen wirtschaftlich erfolgreich werden, ist eine einheitliche Datenstruktur unerlässlich. Sie ermöglicht eine Kommunikation zwischen den Modulen und eine Dokumentation über den gesamten Lebenszyklus. Die Effizienzvorteile der Digitalisierung industrieller Prozesse können aber nur erschlossen werden, wenn die Sensorelemente auch richtige und valide Daten liefern.
Ansprechpartner
Dr. Kathrin Rübberdt
E-Mail: kathrin.ruebberdt@dechema.de
Website: DECHEMA - Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie
Dr. Michael Gahr
E-Mail: m.gahr@fz-juelich.de
Website: Projektträger Jülich
Mit Forschung und Entwicklung ist es in den vergangenen Jahren gelungen, metallische Werkstoffe energieeffizienter zu produzieren und durch ständige Weiterentwicklung auch Produkte hervorzubringen, die durch ihre Anwendung eine höhere Effizienz sichern. Neben der Produktentwicklung müssen auch die Herstellungsprozesse an die aktuellen und zukünftigen Anforderungen im Bereich der Energiewende angepasst werden. Beispielweise könnte grüner Wasserstoff künftig bei der Metallerzeugung und -verarbeitung eingesetzt werden. Um diese Technologie weiterzuentwickeln, beschäftigen sich die Akteure im Forschungsfeld Metallerzeugung und -verarbeitung unter anderem mit der Beherrschung der sich verändernden Bedingungen in den Heißgasatmosphären der Thermoprozessanlagen. Auch die Digitalisierung spielt bei der Metallerzeugung und -verarbeitung eine wesentliche Rolle. Sensorik gibt Informationen über exakte Energiebedarfe und den Materialfluss in der Prozesskette, sodass unmittelbar und optimal auf sich ändernde Bedingungen reagiert werden kann. Das Gesamtziel bleibt, die Energieeffizienz in der Metallerzeugung und -verarbeitung weiter zu steigern, z.B. mittels neuer Technologien, Methoden, Messsysteme sowie Verfahren.
Ansprechpartner
Dr. Bernhart Stranzinger
E-Mail: bernhart.stranzinger@bfi.de
Website: bfi - Betriebsforschungsinstitut
Dr. Erik Skiera
E-Mail: e.skiera@fz-juelich.de
Website: Projektträger Jülich
Im Forschungsfeld Fertigungstechnik richten die beteiligten Akteure den Blick auf die energetischen Zusammenhänge in Prozessketten, um auch dann noch wirkungsvolle Effekte zu erzielen, wenn die Optionen zur Optimierung von Einzelprozessen ausgeschöpft sind. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickeln Lösungen, wie Maschinen untereinander, aber auch mit der Gebäudetechnik und der Gebäudehülle vernetzt werden können, sodass Energie optimal genutzt und eingespart werden kann. Für eine verbesserte Energieeffizienz in der Fertigung, beschäftigen sich Forschung und Entwicklung künftig auch mit der Integration weiterer Schlüsseltechnologien wie beispielsweise der Nano-, Kunststoff- oder Bioverfahrenstechnik. Additive Fertigung – besser bekannt als 3D-Druck – wird die industrielle Wertschöpfungskette verändern und gehört zu den Herausforderungen in der Fertigungstechnik. Im Gegensatz zu den subtraktiven und formativen Verfahren erlauben additive Fertigungsverfahren die Herstellung komplexer Geometrien und innerer Strukturen auf Basis einer schichtweisen Konstruktion.
Ansprechpartner
Prof. Matthias Weigold
E-Mail: m.weigold@ptw.tu-darmstadt.de
Website: Technische Universität Darmstadt - Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen
Dr. Stefan Busse-Gerstengarbe
E-Mail: s.busse-gerstengarbe@fz-juelich.de
Website:Projektträger Jülich
Ein Hochtemperatursupraleiter (HTSL) kann den elektrischen Strom nahezu verlustfrei übertragen und besitzt eine 10 bis 100 mal so hohe Stromtragefähigkeit wie ein Kupferdraht mit vergleichbaren Dimensionen. HTSL kann sowohl in der Energietechnik, bei speziellen Industrieanwendungen, als auch in modernen Stromnetzen vielfältig verwendet werden und trägt dazu bei, die Effizienz des gesamten Energiesystems zu erhöhen. Hohe Ströme bis hin zu hunderten Kiloampere kommen in Elektrolyseanlagen der Grundstoffindustrie zum Einsatz – etwa für die Herstellung von Chlor, Kupfer oder Aluminium. Wenn diese Ströme künftig durch kompakte supraleitende Hochstromschienen geleitet werden, entfallen die erheblichen Energieverluste durch den elektrischen Widerstand. Rotierende Maschinen, wie Motoren und Generatoren, können bei gleichen Abmessungen leistungsstärker und energieeffizienter ausgelegt werden. Selbst im oberen Bereich des Leitungsspektrums elektrischer Generatoren mit sehr gutem Wirkungsgrad ermöglicht die HTSL-Technologie, diesen um die letzten Zehntelprozentpunkte zu steigern.
Ansprechpartner
Prof. Dr. Tabea Arndt
E-Mail: tabea.arndt@kit.edu
Website: KIT - Karlsruher Institut für Technologie
Institut für Technische Physik (ITEP)
Ralf Egen
E-Mail: r.egen@fz-juelich.de
Website:Projektträger Jülich
Tiefgehende Kenntnisse aus Physik, Chemie sowie verschiedensten Ingenieurwissenschaften sind nötig, um die Vielfalt der Phänomene rund um die Vorgänge Reibung, Verschleiß und Schmierung zu verstehen und damit umfassend optimieren zu können. Daher ist die Vernetzung mit anderen Forschungsschwerpunkten essenziell. Den größten Einfluss auf einen tribologischen Kontakt zwischen den Reibpartnern hat ein Schmierstoff, denn über ihn lassen sich bestimmte Faktoren eingrenzen. So werden in Forschung und Entwicklung zum Beispiel neue Werkstoffe beziehungsweise Beschichtungsmaterialien entwickelt und mit Tribometern systematisch auf ihre Eignung untersucht. Die Tribologieforschung zeigt, dass etwa eine Maschine mit unterschiedlichen Reibpaarungen systemisch betrachtet und einen globalen Lösungsansatz benötigt. Für die Forscherinnen und Forscher gewinnen in diesem Zusammenhang Digitalisierung und Künstliche Intelligenz, neue Technologien zur Datenerfassung sowie die Nutzung modernster Methoden der Datenauswertung zum Verständnis tribologischer Daten eine immer größere Bedeutung.
Ansprechpartner
Dr. Volker Weihnacht
E-Mail: volker.weihnacht@iws.fraunhofer.de
Website Tribology Innovation Center Dresden (TICD) am Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS
Dr. Michael Gahr
E-Mail: m.gahr@fz-juelich.de
Website: Projektträger Jülich
Dr. Stefan Busse-Gerstengarbe
E-Mail: s.busse-gerstengarbe@fz-juelich.de
Website:Projektträger Jülich

Begleitforschung Industrie und Gewerbe
Die Begleitforschung ist eng mit den Forschungsfeldern des Forschungsnetzwerks Industrie und Gewerbe verzahnt. Gemeinsam mit den Mitgliedern des Netzwerks identifiziert sie Lösungen in Forschung und Entwicklung, die das Potenzial haben, die Energieeffizienz im Bereich Industrie und Gewerbe zu steigern.
Die Wissenschaftler analysieren dafür einzelne sowie den Forschungsfeldern des Netzwerks zugeordnete und laufende Förderprojekte, sodass entscheidende Innovationen erkannt, vernetzt und perspektivisch eine möglichst breite Anwendung finden können. In die branchen- und technologieneutrale Analyse fließen Forschungsergebnisse, die unter dem Energieforschungsprogramm und auch im internationalen Kontext entwickelt wurden.
Die Begleitforschung zeigt, welche Effizienzlösungen bereits erfolgreich in einem Zweig der Industrie eingesetzt und in andere Bereiche übertragen werden könnten. Das Forscherteam erarbeitet im engen Austausch mit den Forschungsfeldern des Netzwerks Handlungsempfehlungen für künftige Forschungsaktivitäten.
Die Projektkoordination für die Begleitforschung hat die Technische Universität Darmstadt. Weitere Partner sind das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), das Institut für Ressourceneffizienz und Energiestrategien (IREES) sowie der Dienstleister ETA-Solutions, eine Ausgründung der TU. Das Begleitforschungs-Vorhaben EE4InG startete im Oktober 2018 und endete nach drei Jahren im Herbst 2021. Innerhalb dieser Zeit, hat die Begleitforschung ihre Forschungsergebnisse in mehreren Publikationen veröffentlicht.